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Abermal, Kapitel 04, Seite 08

flackert


Ganz im Gegensatz zu gleichaltrigen Mädchen, welche feuchte Höschen bekamen und irr herumkreischten. Oder etwas stiller schmachteten und in Ohnmacht fielen, wurden sie auch nur Bildern oder Stimmen von Sal Mineo, Paul McCartney von den Beatles, Jim Morrison von den Doors oder einheimischer Stars, wie Horst Buchholz und Hardy Krüger ansichtig. Ganz zu schweigen von denen höchstselbst. Bei Sal Mineo nicht mehr möglich. Längst tot.

Selbstverständlich, alle diese männlichen Wohlgestalten besaßen umwerfend vollendetes Äußeres und zeigten auch sonst fast keinen Fehl. Schönlinge! Und nichts als das! Völlig unechte künstliche Persönlichkeiten, wie auch der Superstar Paul McCartney. Typen wie Sal Mineo und Jim Morrison erschienen makellos, glichen aber weitgehend seelenlosen Puppen. Horst Buchholz und Hardy Krüger gehörten auch in diese Sparte, wenn auch nicht ganz so schrecklich glatt. Bei weiblichen Stars ging es ihm vielfach ähnlich. Unwirkliche Erscheinungen, fast Geister, trotz überaus begierlichem Äußeren.

Schon länger ahnte er, wie unecht, wie endlos falsch solche Hochglanzschönheit blieb, befremdet, teilweise davon sogar abgestoßen. Lüge und Gaukelei! Diente nur dazu, damit bestimmten Leuten Geld in Taschen floss oder deren anmaßende Eitelkeit befriedigte.

Erfried starrte hin- und hergerissen den jüngeren Mann an, während ihm wilde Gedanken kreuz und quer durchs Gehirn jagten, heilloses Wirrwarr anrichteten. Bei Ingomar lagen die Dinge vollkommen anders. Erschreckend anders! - Lag es nur daran, weil er wegen geringem Alter selbst noch nie Gelegenheit bekam, eine richtige, eine echt lebendige Frau vergleichbar entkleidet anzuschauen?

Vielleicht, aber vielleicht auch nicht! Sein einziger erwachsener Freund versicherte doch unlängst einmal, ihm brauche vor Eindrücken wie diesen jetzt nicht bange sein. Sie seien ohnehin nicht wichtig und gingen wieder vorbei. Aber es kam ihm hier ganz und gar nicht so vor. - Beklemmend!

Oder missverstand er nur? Brach das immer so herein, mit tiefem Riss und hässlichem Zwiespalt? - Erfried wollte bei nächster Gelegenheit seinen erwachsenen Freund danach fragen. Ihm konnte er wenigstens davon erzählen und fände Verständnis. Der müsste doch wissen, ob dies so abwegig und krank ist, wie es ihm gerade erschien?

Jedenfalls konnte er seinen Blick nicht von Ingomar lösen, blieb daran haften wie eine Fliege im Kleister todbringenden Fliegenfängers. Er bewunderte mit schlechtem Gewissen und Selbsthass dessen sportlichen schlanken Körper, die Linie von Nacken und Armen, deutliche Rundungen an Brustmuskeln, feste Beugung der Hinterbacken, deren schier atemraubenden Übergang zu den Schenkeln. Er schaute nachgerade begierig auf jene ausgeprägte Ausbuchtung mitten Ingomars Schritt, wo dessen ausgewachsenes Geschlecht unter anliegender Unterhose deutlich hervortrat, als sei sie nur farbige Zweithaut. Seine Augen wanderten wieder zum Gesicht zurück, sogen den Schwung der Augenbrauen, den Verlauf der Nase, Zeichnung der Lippen, die winzige Grube am Kinn. Männlicher Bartwuchs, rasierte Schatten auf Wangen. Dann glitten Blicke zum leicht sonnengebräunten Hals, zu flaumig wirkender Behaarung auf der Brust, an Armen, Bauch und Beinen.

Ingomar besaß ganz sicher keine unsäglich überschönten Gesichtszüge, wie mancher berühmte, künstlich aufgepeppt dargestellte Star. Selbstverständlich kein hässliches Gesicht, sondern einfach ein richtiges natürliches Gesicht mit Witz, Geist, Verstand und echtem Ausdruck. Erinnerte an James Dean, wären Haare länger. Aber James Dean war ja nun wirklich schon irre lange tot und schaute immer kurzsichtig verkniffen in kleine Welt dunklen Kinosaals, was ihn wenig geistvoll aussehen ließ. Und besonders helle dürfte der sowieso nicht gewesen sein. Sonst hätte der sich nicht so strunzdumm selbst totgefahren. Was musste dieser überdrehte Blödmann auch wie ein Verrückter durch die Gegend rasen?

Als Muskelprotz konnte Ingomar nicht angesehen werden. Sportlich rank, wies er beeindruckendes Muskelspiel unter leicht gebräunter Haut auf. Das allerdings augenfällig. Und seine Bewegungen erfolgten insgesamt schlicht anmutig. So anmutig, wie es einem Mann sehr wohl zukam, nicht etwa albern geziert oder gar aufgeblasen. Manche Männer wirken auch oder gerade wegen ihres betont männlichen Getues nur dämlich, wenn sie vor vermeintlicher Kraft und Männlichkeit wie unhandliche Pakete oder eingebildete, Federn spreizende Gockel durchs Gelände stapfen. Bei Ingomar lag alles im echten Maß und ruhte innen, bedurfte keiner zusätzlichen Betonung, wirkte gradlinig von selbst.



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Mannie Manie © 1999
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