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Abermal, Kapitel 03, Seite 09

flackert


Rasch überlegte der Junge, welche Gründe er haben und gegebenenfalls vorbringen könne, ginge er zum Haus und spreche mit dem merkwürdigen jüngeren Mann. Nichts wollte ihm einfallen, außer Durst vortäuschen und um ein Glas Wasser bitten. Auch einem Erwachsenen stünde das noch einigermaßen an, wenn auch weniger. Andererseits besaß er den Vorteil minderen Alters zwischen Kindheit und mählicher Jugend. Wenigstens in solchem Fall boten geringe Jahre unschlagbaren Vorzug, keinen Nachteil, wie sonst in der Erwachsenenwelt. Man konnte wenigstens jugendliche Unschuld raushängen lassen, auch wenn es längst nicht mehr stimmte.

Weiterhin unschlüssig, trat er von einem Bein aufs andere. Was musste er eigentlich fürchten? Es gab keinen offenbaren Grund. Trotzdem spürte er unaussprechliche Scheu vor diesem Fremden. Was geschehe, wenn der kein freundliches Wesen besaß oder aus unbekanntem Grund gerade misslaunig, Kinder, Jungen oder überhaupt wesentlich jüngere nicht mochte und lästig fand?

Krachender Blitz peitschte mit brüllender Donnerspur quer über den Himmel, zerriss jede Überlegung, ließ wild erschrocken zusammenzucken. Rasch verfinsterte unbemerkt aufgezogenes Gewitter alles, entließ fast übergangslos schwere Tropfen auf ergeben wartende Erde. Innerhalb weniger Augenblicke schüttete es hageldicht und neue Blitze jagten wie wütende Kobolde durch schwärzliche Wolken.

Ohne Zögern rannte der Junge über knirschenden Kies zur Haustür, vom schweren Regen geschlagen und angetrieben. - Bloß nicht stehen bleiben! Gewitter ist auf Anhöhen und unter Bäumen lebensgefährlich! Ins Haus flüchten, sofort! - Allein niederprasselnder Regen gab Grund genug. Davor boten Bäume keinen Schutz. Atemlos offenstehende Tür erreicht. Keine Zeit zu rufen, nach der Klingel suchen oder anklopfen. Rettender Satz in gähnenden Flur. Schwärze innen. Draußen verfinsterte der Himmel noch mehr und Wettergewalten tobten stetig härter. Gewittersturm!

"Hallo!" wagte er zaghaft, erschrak über eigene Stimme. "Hallo? Ist jemand hier?" schon mutiger und lauter. "Hall..." Dröhnender Donner hackte die Stimme ab, löschte jeden Laut verdunkelter Welt, jagte vom Eingang fort Haus einwärts.

Außer dem etwas helleren Umriss offenen Türrahmens konnte er nichts sehen, obgleich stetig rascherer Folge Blitze grellten, zuckendes Licht warfen. Geisterhafte Flatterflut ließ aber nichts genau erkennen, verwirrte Sinne, narrte Augen. Ohrenbetäubende Donnerschläge prallten fast schmerzhaft in Gehörgänge. Wild gellender Gewittersturm riss Blätter aus Kronen alter Bäume, klatschte gewaltsam platzende Tropfen weit in dunklen Eintritt. Er starrte in schwarzen Hintergrund, fand nirgendwo Einzelheiten. Tiefer mit tastenden Schritten in den Hausflur.

Wieder peitschte derber Blitz, krachte durch den Junitag, erhellte... Mit lautem Schrei sprang er zurück!

Der Mann mit dem langen Fingernagel. Hoch aufgerichtet. Fratzenhaftes Gesicht. Leere Augenhöhlen, Glühen dahinter. Zerrendes Licht warf hässliches Flackern, krallte.



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Mannie Manie © 1999
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