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Abermal, Kapitel 14, Seite 05

flackert


"Ach ja, richtig! Meine Mutter erzählte, dass du dich mit Frecke angefreundet hast. Das war eben nicht in meinem Kopf. Dann brauche ich mir ja deshalb keine Gedanken machen. Frecke hat dich in seine Bande aufgenommen. Das ist sehr gut! Einem Fremden hätte er übel mitgespielt, ihn einfach am Boden festgenagelt. Schließlich ist der ein schweres gewaltiges Biest. Aber umbringen tut der keinen, wenn man ihn oder einen von uns nicht angreift. Frecke ist bestens dressiert und keine Bestie. Und, wie kommst du mit Gundram klar? Oder war die Zeit noch zu kurz?"

"Als erstes hat er mich ausgelacht, weil ich so dreckig aus dem Laubhaufen rauskam. Das fand ich nicht so begeisternd. Aber dann hat er mich ins Badezimmer hinten gebracht und mir saubere Sachen von sich gegeben." Über Gundrams bedringliche Verhaltensweisen mochte er nicht sprechen, fand es irgendwie nicht angebracht. Auch wollte er keine Misstöne zwischen den Brüdern, nur weil Gundram ihm die Jeans runterzog und sein ganzes 'Ding' nassforsch unanständig betastete, zuvor abseitige Fragen stellte. Ausschließliche Jungenangelegenheit, welche auch nur Gundram und ihn etwas anging.

"Das tut mir leid, Erfried, wenn er dich gleich mal eben auslachte. Aber vielleicht sahst du ja auch wirklich komisch aus, kann ich mir vorstellen. Ich bin auch schon mal in den Dreck gefallen. Und danach sieht glaub ich keiner sonderlich großartig aus." Ingomar grinste und drückte den Jungen begütigend.

"Na ja, das habe ich dann im Spiegel auch so gesehen..." Erfried brach ab.

"Aber?" Ingomar entging der Unterton nicht.

"Nichts, aber. Du hast sicher recht. Die Zeit war vielleicht noch zu kurz." Er genoss Ingomars Arm auf seiner Schulter, wohlig herüberfließende Ströme des eindrucksvollen jungen Mannes.

Alles wirklich so, wie er jetzt glaubte? - Im Augenblick fühlte er nichts anderes. Dennoch blieb nagende Frage hartnäckig stehen, beunruhigte.

Gundrams Verhaltensweise konnte durchaus als normal gelten, wenn auch frech und ungehörig. Das ist nun mal gegeneinander an den Tag gelegte Art von Bengeln in solchem Alter. Selbst zeigte er ähnliches und Altersgenossen in der Schule auch. Nicht absonderlich. – Obwohl... Gundram wies auch Eigenarten auf, merklich abweichend von ihm sonst bekannten oder befreundeten gleichen oder ungefähr gleichen Alters. Worin diese Abweichung aber genau bestand...? Nebelhaft.

"Denk dran, Erfried, dass ich dir schon sagte", unterbrach Ingomar Gedankenflüsse. "Gundram sei ein recht eigenwilliger Junge. Ich wundere mich sowieso, wie aufgeschlossen er dir gegenüber war. Gewöhnlich kümmert er sich um andere Jungen nicht besonders, wenn er die nicht schon kennt."

Aufgeschlossen? So! Nun gut, so kann man es auch nennen, dachte Erfried, sagte aber weiterhin nichts zum Vorfall im Badezimmer. "Ich erinnere mich. Du meintest, dein jüngerer Bruder sei manchmal verschlossen. Oder war das nicht so?"

"Ja, genau! Dass Gundram über deinen Einstand aus dem verrotteten Laubhaufen lachte, ist ganz normal. Aber es zeigt auch einen anderen Eindruck, den du auf ihn machtest. Seine sonstige Gleichgültigkeit hattest du innerhalb der ersten Augenblicke durchbrochen. Jemand anderen hätte er bestimmt nur kurz angeraunzt und sofort aus dem Garten scheuchen wollen."

"Hm... seine ersten Worte klangen nicht gerade danach. Aber dann fragte er mich gleich, wer ich sei. Meinst du vielleicht das damit?"

"Ja, Erfried. Ist doch klar, dass man zuerst etwas barsch ist, wenn man sich nicht kennt und einen unerlaubten Eindringling vermutet. Wenn er gleich danach wissen wollte, wer du bist, dann hat ihn was dazu veranlasst, das in deiner Person liegt."

Wohl eher in meiner Hose! dachte Erfried höhnisch, erinnerte jedoch verwandte Wünsche beim kleidungsarmen Anblick Ingomars im selben Badezimmer. Im Gegensatz zu Gundram, wagte er nichts Weitergehendes. Wäre ja auch ungeheuerlich frech gewesen. Ob es an diesem Badezimmer lag?

Er sah an Ingomar hoch und meinte: "Du kennst ihn auf jeden Fall besser als ich. Wenn du meinst, dass es so ist, dann wird es bestimmt auch so sein."

"Na klar doch, Erfried", grinste Ingomar. "Brüder können ungleich sein. Aber sie kennen sich gegenseitig genauestens, wenn sie miteinander aufwuchsen. Und das ist bei Gundram und mir der Fall. Gundram ist ein guter Bursche! Und das sage ich nicht nur, weil er einfach bloß mein jüngerer Bruder ist, sondern gerade weil ich den kenne. Und ich kenne ihn bestens, weil er eben mein Bruder ist. - Habe ich mich verworren ausgedrückt? Du machst ein etwas ratloses Gesicht, Erfried." Ingomar lachte.

"Nein, nein. Ich hab' dich schon verstanden, Ingomar. Von Zuhause bin ich auch gedrechselte Sätze gewohnt, schließlich spricht meine Mutter meistens so. Wie eben eine von der höheren Töchterschule nun mal spricht: Sehr 'gebüldet'!" Beide lachten fröhlich.



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