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Abermal, Kapitel 20, Seite 03

flackert


"Das überlässt du gefälligst mir, du Arschloch!" schnauzte Reddiger verärgert. Draußen im Feld herrschte allgemein zwangloser Umgangston. Niemand wurde mit 'Sie' oder 'Herr Sowieso' angesprochen. Auch Reddiger als Vorgesetzter nicht. Er legte auch keinen Wert darauf. Aber: "Du solltest nie vergessen, wer hier den Befehl hat, klar?"

"Ist ja schon gut, Walter! Aber wir sind ja auch eine Riege und müssen uns verständigen", lenkte Robert Mattern ein.

Damit hat der ja gar nicht mal unrecht, gestand Walter Reddiger stillschweigend. Irgendwas müssen wir bald unternehmen, und da draußen lauert offenbar nichts, soweit es überhaupt festgestellt werden kann. Trotzdem, Mattern machte immer wieder mal Ärger, spekulierte anscheinend aufs eiserne Kreuz. Womöglich noch mit Eichenlaub und Brillanten, was? Dieser dusselige Nazi!

Allerdings musste Reddiger einräumen, Mattern gab für verdammt gläubigen Nazi einen prima Kumpel ab. Robert schwärzte noch nie jemanden an, weil der nichts von Adolf und dessen Bande hielt. Ganz doof schien er nun doch nicht. Aber immerhin doof genug. Und obendrein ehrgeizig, wollte offenbar nicht ohne Orden aus dem Krieg oder ins Grab. Blödian! Dafür kann keiner was kaufen. Und der selbst am allerwenigsten, wenn ihm die Flunken zerschossen oder das Hirn aus der Birne geblasen.

"Wir warten noch ab", entschied Reddiger. "Leider ist da weiter vorne diese langgezogene Bodenwelle. Dahinter könnte der Iwan lauern. Denen rennen wir dann geradewegs in die Gewehrläufe."

"Soll ich mal bis dahin robben und einen Blick riskieren?" bot Robert Mattern an.

Unteroffizier Reddiger überlegte. Matterns Vorschlag schien vernünftig. Und wenn er es freiwillig anbietet? "Gut, Robert, versuch' es mal! Aber sei verdammtnochmal vorsichtig, hörst du? Tote Helden haben wir schon genug. Ist das klar?"

"Ja doch, Walter! Meine Rente hätt' schon noch gern." Mattern drängte leise vorbei.

Unteroffizier Reddiger kannte dessen Fähigkeiten. Fabelhafter Schleicher. Las in seiner Jugend wohl viel und gern Karl May und übte deshalb ausgiebig Anschleichen auf Indianerart. - Indi-Nazi! - Außerdem ziemlich sportlicher Bursche. Der robbte sogar nur auf Zehen- und Fingerspitzen durchs Gelände, schleifte nicht über den Boden, erzeugte nur sehr wenig Geräusch, vermied viele verräterisch knackende oder knicksende Äste und Ästchen. Aber im Gras draußen nützte es wenig. Er müsste möglichst tief bleiben, damit ihn keiner schnell bemerkte. Irgendwelche Roten luchsten möglicherweise argusäugig ins freiliegende Gelände. Sehr wahrscheinlich sogar.

Gespannt verfolgte Walter Reddiger, wie Robert Mattern aus dem Gebüsch ins Steppengras robbte, atmete erleichtert auf. Hochgeschossenes Gras verdeckte dessen Gestalt rasch. Es knisterte aber vernehmlich, ausgedörrt von langer Trockenheit und Hitze. Bald sah er lediglich noch am Schwanken langer Halme, Mattern müsse an dieser oder jener Stelle zügig angekommen sein. Erstaunlich flink.

Woran es genau lag, konnte Walter Reddiger erst nicht feststellen. Plötzlich entstand Druck im Kopf, kündigte bedrohliche Veränderung an. Unregelmäßiges Rauschen wurde lauter, endete kurz, setzte härter und stärker wieder ein, dröhnte zuletzt. Beunruhigt suchte der Unteroffizier nach Gefahrenzeichen. Nichts!

Plötzlich wuchsen Druck und Rauschen unerwartet, machten fast taub, brüllten in Gehörgängen. Er sah und hörte nichts mehr. Ihm wurde schwindlig. Sausen und Jaulen zuvor aufgekommenen Windes ging längst unter. Walter Reddiger öffnete den Mund, wollte dem Obergefreiten schreiend befehlen, er solle sofort umkehren. - Alles abgehackt!

Lautlos blühte feurige Rose. Erde und Grassoden schossen von Urgewalt getrieben hoch. Riesig spritzender Trichter über dem Boden. Brodelnder Wirbel aus Dreck und zerfetzten blutigen Menschenteilen. Brocken klatschten weithin ins Gebüsch. Irrwitziges Krachen durchbrach, sprengte...



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Mannie Manie © 1999
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