Seite vorher
Seite weiter
Kapitel vorher
Kapitel weiter
Kapitelliste

 

Abermal, Kapitel 06, Seite 07

flackert


... in dumpfen Wellen hallte erstickter Angstruf aus geschlossenem Mund, drang aber nicht durch zusammengepresste Lippen. So blieb er hohlklingend und brennend zwischen Zähnen, klebte auf der Zunge, stopfte im Rachen, dröhnte im Kopf. Verwirrt sah Erfried auf, schnappte endlich nach Luft, sog gierig Atem. - Ich war eingeschlafen!

Beim heftigen Herumwälzen im Traum rutschte rechter Arm zuvor über die Bettkante und seine Hand nachhaltig auf den Fußboden. Noch immer brannte kleine Lampe. Mattes Licht fiel durch Türspalt von draußen. Verwühltes Bett! Gelesenes Sigurdheft fand er völlig zerknüllt im Laken. Stille in der Wohnung. Er hoffte, ihn hörte eben keiner. Jedenfalls schien seine Mutter nicht aufmerksam geworden. Peinlich, ihr einen Alptraum eingestehen, bei welchem er auch noch laute Rufe ausstieß. Womöglich als Mama-Rufe missverstanden. Noch peinlicher!

Er ging in die Küche, trank ein Glas Wasser. Dann glättete er sein Bett ausreichend, löschte das Licht und schlüpfte unter die Zudecke. Ruhiger, aber erlebte Angst weiterhin im Hinterkopf, blickte er schläfrig zum Licht im Türspalt. Elektrische Elfenbrücke.

Eleonore Gundeleit wurde sehr wohl wach, hellhörig über eigenartiges Verhalten ihres Sohnes heute. Leise stand sie auf, fand keinen rechten Reim zum Geschehen. Sie hörte Erfried in die Küche gehen, ein Glas nehmen und Wasser trinken. Durch den Türspalt sah sie ihn sein Bett richten, ging selbst wieder beruhigt schlafen. Das Licht in seinem Zimmer verlosch.

Kinder haben manchmal Träume in denen sie sprechen oder heftige Laute ausstoßen. Selbst Erwachsene tun es noch oft. Träumte sie nicht auch von ihren grässlichen Erlebnissen als blutjunge Mutter im Krieg immer wieder und wachte voller Angst auf? Aber was könnte Erfried so bewegt haben? Erinnerungen an den Krieg konnten ihn unmöglich plagen, schließlich kam er über neun Jahre später zur Welt.

Aber vielleicht liegt es ja auch nur an Veränderungen, in seinem Alter gerade in vollem Gange. Er wird halt auch langsam ein richtig großer Junge, ein junger Mann. In drei Jahren ist für ihn das meiste ausgestanden. Das wusste sie. Wusste auch, sie werde ihm dabei nicht großartig helfen können. Ihm fehlte der Vater.

Ihre eigene Zeit, als sie mählich zur jungen Frau reifte, haftete immer noch im Gedächtnis. Merkwürdige Jahre! - Doch dabei begleiteten zumindest ihre Mutter und etliche Tanten. Fest gefügte Lebensumgebung, worin sie eingebunden Halt fand.

Vergangenheit, verschwunden, ausgelöscht, gab es nicht mehr... Alle längst tot.



Alle Rechte vorbehalten
Mannie Manie © 1999
Unentgeltliche Weitergabe erlaubt!

weiterblättern: nächste Seite