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Abermal, Kapitel 30, Seite 05

flackert


Alles erinnerte an jene angstvolle Nacht, als er mit Gundram unter ganz anderen Voraussetzungen Treppen ins selbe Stockwerk hochstieg. Verstohlen sah er ihn von der Seite an. - Wird er wieder zum Alp? - Quatsch! Und selbst wenn, dann flößte es ihm jetzt keine Angst mehr ein, wusste er doch um dessen wahre Eigenschaften. Zudem kann ein geheimnisvoller Alp sehr reizvoll sein, feixten bettreife Gedanken.

Gundram bemerkte Erfrieds rasch forschenden Blick, grinste aus seiner Müdigkeit heraus. "Pennst du bei mir?"

"Ich habe doch mein eigenes Zimmer. Genauso könntest du doch mit bei mir schlafen. In dem Bett ist nun wirklich eine Menge Platz."

"Ja, das schon. Aber an diesem blöden Ding kann man sich schmerzhaft die Flunken anstoßen, wenn man da drin herumtobt oder verschlafen ist und nicht aufpasst. Blaue Flecken und angehauene Schienenbeine sind nicht gerade meine größte Freude. Dieser eckige alte Kasten von einem Bett ist eine ganz doofe Falle. Außerdem quietschen da bestimmt die Sprungfedern, wetten?"

"Ich hab's noch nicht nachgeprüft. Wir können's ja zusammen machen", schlug Erfried vor und grinste seinerseits.

"Und wenn's doch quietscht?"

"Ist denn das im Haus zu hören?"

"Nicht, wenn die Tür zu ist."

"Wen kann es dann stören?"

"Na, mich!"

"Stell' dich nicht so an! Außerdem fallen wir auf die Koje und pennen bestimmt gleich ab."

"Sehr wahrscheinlich. Wäre ich aber nicht so sicher. Jedenfalls legte ich dafür nicht meine Hand ins Feuer. Du etwa?"

"Wozu denn auch?"

"Na also!"

Oben im Gang blieb Gundram abwartend in offener Tür seines Zimmers stehen. "Schlafen wir doch in meiner Bude, hm?"

"Na gut! Eigentlich ist es ja schnurz."

"Schön", freute Gundram und legte einen Arm um Erfrieds Schultern.

Gemeinsam betraten sie den Turm des Jungalben. Erfried bemerkte sofort helles Rechteck großen Fensters. Östlicher Himmelsrand schimmerte silbern.

"Nein!" meinte er ausgesprochen unlustig.

"Was, nein? Was hast du denn jetzt wieder zu meckern?"

"Wir schlafen bei mir drüben! Bald geht die Sonne auf, und das Fenster hier liegt nach Osten, fast Südosten. Es ist dann viel zu hell, um einigermaßen ausschlafen zu können. Hier sind ja nicht einmal Vorhänge zum Zuziehen dran. Mein Zimmer schaut zur Westseite hin und dicke dunkle Vorhänge sind da auch."

"Ich kann die Fensterläden zumachen", bot Gundram an.

"Sind bei mir drüben auch dran. Nein!"

"Herrgottsakrament! Aber meinetwegen, gehen wir eben in dein Zimmer." Gundram knuffte ihn freundschaftlich unwirsch, schnappte sein Bettzeug und brummte: "Na, dann los!"

Erfried ging voraus. Etwas missgelaunt folgte Gundram, gestand aber schließlich ein, Erfried habe recht. In schätzungsweise einer Stunde schiene Sonne für halben Vormittag herein. Die Baumkrone vor dem Fenster minderte helles Tageslicht kaum. Auch Fensterläden nützten wenig, prallte Sonnenschein darauf. Trotzdem richtig taghell. Außerdem viel zu warm im Raum, was keinen geruhsamen Schlaf versprach. Das kannte er schließlich, weshalb er auch so rasch einwilligte, nur knurrig tat, weil er sein Gesicht wahren wollte. Sie lachten darüber.

Auf der anderen Seite herrschte angenehmes Zwielicht, frische und kühle Raumluft. Vielstimmig zwitscherte Morgengruß von Federvölkern durch weit offenstehende hohe Fenster. Späte Nachtigall sang in Dunkelheit eines Winkels letzte Teile ihres langen Gedichts. Bald würde sie verstummen. Bedauerlich! Wer schon einmal elfengleichem Gesang dieses Wesens zuhörte, weiß um den Verlust, welcher mit ihrem Schweigen einhergeht.

Gundram warf sein Bettzeug auf die Matratze und entzündete mitgebrachtes Hindenburglicht, stellte es auf den Tisch. Sie schlossen Fensterläden, ließen die Fensterflügel aber offen. Schwere dunkle Vorhänge verdeckten restlich, langten fast bis zum Boden. Leider blieb dadurch auch Vogelgesang weitgehend außen vor. Jetzt herrschte schier Nachtdunkel. Später ginge es in stark gedämpftes Halblicht über, auch während steigendem Tag nur wenig stärker. Genau richtig für einige Stunden tiefen und festen Schlaf.



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Mannie Manie © 1999
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