"Wir hörten etwas von verlobt?" Lauernde Fangfrage.
Eckart druckste kurz. "So kann man das durchaus beschreiben."
"Ah so! Heutzutage sind Verlobungen doch etwas aus der Mode geraten. Solches dient zumeist nur noch dazu, gewissen Anspruchsstand nach außen mehr oder weniger berechtigt zu erlangen. Weiß Marga Sutthoff, dass sie mit ihnen verlobt ist?"
"Glaube nicht, dass sie dies allzu weit von sich wiese."
"Uns wurde übermittelt, sie erstatteten Tage vorher Anzeige gegen Unbekannt, weil sie sich bedroht, gewissermaßen überfallen glaubten. Haben sie irgendwelche Feinde?"
"Niemand ist aller Leute Liebling. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass mich wer umbringen will. Allenfalls wer verrücktes."
"Sie sollen gestern ziemlich eilig davongefahren sein, wie ferne Beobachter aus dem Dorf berichteten. Gab es dafür einen besonderen Grund?"
Eckart erzählte kurz von Carls Missgeschick, sparte jene unsinnige Auseinandersetzung mit Marga, sowie wild tobende Vermutungen und Verdachte allerdings aus. - Wenn ich davon erzähle, dann halten die mich sofort für übergeschnappt!
"In ihrem Umfeld gewinnen Intensivstationen anscheinend zunehmend an Bedeutung." Hart bohrende Blicke zweier amtlicher Augenpaare.
"Wollen sie damit versteckt andeuten, ich habe...? Da kommen sie aber ziemlich auf den Holzweg, meine Herren! Erstens war ich nicht hier in der Stadt, als mein Partner angefahren wurde, und zweitens lautet der Brief auf meinen Namen. ICH sollte offenbar erledigt werden! Drittens liebe ich Marga Sutthoff! Warum sollte ich sie vergiften wollen? - So etwas Abwegiges!"
"Wir sind gehalten, jeder Möglichkeit nachzugehen, können uns nicht auf gut aussehender Leute schöne blaue Augen verlassen, Herr Umgelter."
"Nun machen sie mal halblang!" brauste Eckart auf, funkelte die beiden Kriminalen wütend an.
Abwehrend hoben beide ihre Hände. "Bitte versuchen sie sich in unsere Lage zu versetzen, Herr Umgelter! Müssten sie solche Ermittlungen führen, gingen sie mit Sicherheit genauso vor. Wir kennen nur sehr selten in unsere Ermittlungen einbezogene Personen selbst. Und das ist auch gut so! Wir müssen unseren Fällen vollkommen neutral gegenüberstehen, jeder erdenklichen und noch so abwegig erscheinenden Richtung nachspüren. Bitte verstehen sie das!"
Eckart wurde ruhiger. - Stimmt eigentlich. Die kennen mich nicht und auch kaum jemals andere, mit denen sie ins Gefahnde geraten. "Sie halten es also für möglich, dass ich das alles inszenierte, um unauffällig nahestehende Menschen aus dem Wege zu räumen?"
"Mindestens eine Möglichkeit unter anderen."
"Aber dazu müsste ich triftigen Grund oder Anlass haben. Ein Motiv, meine Herren! Es gibt keines!"
"Das versuchen wir ja gerade herauszufinden, ob es eines gibt oder nicht. Wenn sie uns dabei helfen, kommen wir schnell zu einem für sie angenehmen Ergebnis."
"Und wie soll ich ihnen da helfen?"
"Indem sie alles offen legen, Herr Umgelter."
"Ich habe aber..."
"Tut uns leid!" unterbrach der heller graue ,Spion'. "Sie haben zumindest nicht alles gesagt. Halten sie uns bitte nicht für unerfahren oder gar doof. Wir riechen derlei geradezu. Man nennt unsereins nicht umsonst auch Schnüffler." Zweifach breites Kriminalergrinsen.
Eckart schaute sie eine Weile zweifelnd an, berichtete dann jedoch seine Erlebnisse. Mit unbewegten Gesichtern hörten beide zu. Als er endete, entstand längere Stille, lagerte im Raum wie dunkle Drohung vom ,Schwarzen Mann'. "Jetzt denken sie sicher, ich habe nicht alle Tassen im Schrank oder habe ihnen die irrsinnigste Räuberpistole ihres Lebens aufgetischt, stimmt's?"
"Oh, keineswegs, Herr Umgelter! Wir haben schon ziemlich abgedrehte Geschichten gehört. Warum haben sie nicht schon längst vorher Anzeige erstattet?"
"Na hören sie mal! Sie können fragen! Meinen sie wirklich, dass irgendein Polizist mir das abgenommen hätte? Die hätten sich in ihrer Schreibstube vielleicht noch knapp beherrscht, nicht sofort in lautes Gelächter auszubrechen. Und das wär's gewesen. Und sie glauben es doch auch nicht. Bitte halten sie jetzt mich nicht für dämlich. Das kann ICH nämlich förmlich riechen."
"Nun ja, ganz falsch liegen sie nicht. Zumindest nicht, was gewöhnliche Wachbeamte anbelangt", erklärte dunkelgrauerer ,Spion'. "Aber ihre Geschichte ist derart ausgefallen, dass ich gern annehme, sie haben selbst keineswegs gelogen. Mit größter Wahrscheinlichkeit haben sie das so erlebt und empfunden. Und was oft mysteriös oder sogar außersinnlich erscheint, entpuppt am Schluss meist als besonders abgefeimte Masche. In diesem Falle also als überaus heimtückischer Giftanschlag. Auch ihre... hm... Verlobte wies, wie sie selbst eben sagten, auf sogenannte Mörderzünfte hin und meinte, dass diese so verfahren, wie von ihnen beobachtet."
"Richtig! Was ich aber nicht verstehe: Wie kann man jemanden mittels Briefsendung gefährlich vergiften? Selbst wenn man Gift durch die Fingerhaut oder als verdünnten Dunst aufnimmt, reicht das doch niemals aus. Jedenfalls landet man deshalb nicht bewusstlos auf der Intensivstation."
"Mit entsprechender Wirkstoffmischung und gewieftem Trick geht das durchaus."
"Bitte klären sie mich auf." Eckart saß stocksteif aufmerksam.
"Bisher konnte festgestellt werden, dass das Innere des Umschlags und darin enthaltene Blätter mit hochwirksamer Giftzusammenstellung versehen und getränkt sind. Zum einen wahrscheinlich mit dem tödlichen Giftstoff des Knollenblätterpilzes und zum andern ebenso wahrscheinlich mit Tollkirschengift als raschem Überträger und zusätzlicher Keule. Das wirkt sogar über die Haut, wenn auch nicht unbedingt lebensbedrohend. Mit Sicherheit aber, wenn es auf Schleimhäute gerät. Also in den Mund zum Beispiel."