Kurz nach sieben Uhr morgens erwachte Eckart wie gerädert. Unausgeruht. Nachwehen unbequemen Schlafs im Sessel. Ganzen vorherigen Abend und halbe Nacht wenig behaglich darin gehangen. - Wieso bin ich einfach eingedöst?
Er verscheuchte müßige Fragen. Erster Gedanke galt Marga, stand nackt im gut geheizten Wohnzimmer, Handgerät des Telefons in Händen und wählte. - Wieder nichts! Alles wie vor. Nur bescheuerter Anrufbeantworter und ewig dumme Ansage des Funkdienstes wegen abgeschaltetem Handy.
Vom Büro aus werde ich diese doofen Landbullen rund machen! Wahrscheinlich waren die zu faul gewesen und haben gar nicht bei Margas Landhaus nachgeschaut. Wer weiß, was da passiert ist... lieber Himmel!
Heiße Dusche verscheuchte letztes Zerren und Ziehen lang verspannter Muskeln. Schmiegende Wasserstrahlen gaukelten Margas angenehme Haut vor. Selbst ihren Duft erinnerte er deutlich, zog durch Nasengänge, als stehe Marga im wohligen Dampf daneben. Unwillkürlich ragte steifes Rohr. Ausgiebig eingeseift und gewaschen, schoss schließlich heftige Entladung heraus, sogleich von beständiger Brause fortgespült. Eckart bog den Rücken durch, hechelte kehlig, knetete letzten Safttropfen zur glitzernden Öffnung, wischte diesen mit linkem Zeigefinger auf, schmeckte dessen sahnige Eigenschaft auf Lippen, Zunge und Gaumen. Anschließend pinkelte er wie ein kleiner Junge in Wasserfall rauschender Dusche.
Kaum richtig abgetrocknet, schrillte dringliche Haustürglocke. Jemand wünschte eisern Einlass, was schon Art und Weise des Klingelns verriet. - Wer ist denn dieses elende Stück? Um diese frühe Zeit? Eine Unverschämtheit! wütete Eckart innerlich. Rasch aus dem Badezimmer, in warmen Morgenmantel und Hausschuhe geschlüpft. Ungeduldig schrillte die Glocke weiteres Mal. Eckart stampfte erbost zum Eingang, linste aber vorsichtshalber durch den Türguck.
Draußen standen zwei seltsame Gestalten, glichen in Aufmachung ,Spion & Spion' vom Deutschen Mad. Zwei Spione aus buchstäblicher Kälte. "Wer ist da und was wollen sie? Herrgottsakrament!"
"Kriminalpolizei! Herr Umgelter?"
"Ja! Was ist los?"
"Es geht um Marga Sutthoff!"
Marga! - Siedend heiß durchfuhr es ihn. - Da muss was Schlimmes... Gütige Götter, bitte lasst es nicht wahr sein! "Warten sie bitte kurz. Sie haben mich aus der Dusche gescheucht, muss mich erst mal richtig anziehen."
Aufgeregt eilends angezogen, trabte er wieder zum Eingang, öffnete. - Die sehen wirklich wie Spione aus, mit ihren grauen Staubmänteln und ebensolchen Hüten! Mit Ledermänteln könnten sie erschreckender Gestapo entsprungen sein. - Blitzschnell schossen erkannte Eindrücke durchs Gehirn. Frostige Luft wehte herein.
"Guten Morgen! Weisen sie sich bitte aus, meine Herren!" Beide zückten Marken an Ketten aus ihren Manteltaschen. "Nein, ihre Dienstmarken genügen mir nicht! Bitte ihre amtlichen Lichtbildausweise!" Argwöhnisch betrachte Eckart eingeschweißte Karten, verglich misstrauisch deren Bilder mit Gesichtern unter Kopfbedeckungen. "Würden sie bitte ihre Hüte lüften? Auf den Ausweisen haben sie schließlich auch keine auf."
"Wollen sie auch unsere Fingerabdrücke überprüfen?" fragte dunkelgrauerer ,Spion' verstimmt.
"Das wäre sogar sehr gut! Leider habe ich kein Stempelkissen zur Hand und auch keinen Zugriff auf entsprechende Datenbanken, weshalb es unterbleibt. Also bitte: Hüte hoch!" Unwillig wurden filzene Kopfbehältnisse gelüpft. - Die beiden schienen echt. "Alles klar! Bitte kommen sie herein." Eckart führte durchgefrorene Kriminaler ins große Wohnzimmer. "Nehmen sie Platz. Möchten sie auch einen Kaffee? Ich muss sowieso welchen machen, wenn wir uns hier unterhalten wollen. Ansonsten müssten wir zusammen in mein Büro fahren."
"Ja, gern, Herr Umgelter!"
"Was denn nun? In mein Büro fahren?"
"Nein, nein, einen Kaffee." Erpichte Kriminalistenblicke schweiften derweil in sämtliche Winkel und Ecken, ob nicht irgendwo Strafwürdiges heimlich oder offen harre.
"Gut! Bin ich gleich wieder hier. Schön sitzen bleiben und ja nichts anfassen! Kinderhände beschmieren Tisch und Wände, veranstalten heilloses Durcheinander und machen einem alles kaputt!"
"Bestehenden Zustand steigern, bedürfte gewissen Umtriebs", meinte dunkelgrauer ,Spion', knapper Seitenblick in bestäubte Wohnlandschaft. "Ich bitte sie, ohne zwingenden Anlass, nicht um solche Tagesstunde!" Verbindliches Grinsen.
Frecher Hund! Aber irgendwie sieht's hier wirklich wie bei Hempels unterm Sofa aus. - Eckart eilte in die Küche, warf vorbereitete Kaffeemaschine an. Ohne frisch gefilterten Bohnenkaffee wollte er womöglich schlechte Nachrichten nicht hören. - Wo käme man da hin?
Nicht einmal beim Abenteuerurlaub im Himalaja verzichteten er und seine Abenteuergesellen darauf, nahmen außer üblichem ,Outdoor'-Krimskrams, zusammenfaltbare Kaffeefilter mit. Alles hergestellt und vertrieben von bekannter Marke ,Jochen Wolfspelle'. Die wissen, was weltläufig feinsinniger Gaumen begehrt. Unabdingbare Lebensart, keinen schaurigen Nescafé oder stinkigen Cappuccino!
Unbedarfte Eingeborene verwunderten ziemlich. Deren Weiblichkeit hielt knallrote Filtertrichter für ausgefallene Kopfbedeckung germanischer Tekkingfreaks, fand sofort modische Seiten daran. Da lagen sie aber sehr falsch, sahen mit solcher Hutmode noch befremdlicher aus als ohnehin. Auch Vermutung männlicher Hinterwaldausgaben himalajischer Bergwelt, derlei könne zum Schutz ihrer allermännlichsten Teile vor Steinschlag oder Fall dienen, mussten Eckart und Kollegen milde zurechtrücken. So versehen, boten Eingeborenenmänner allzu eigentümliches Gesamtkunstwerk.