Kring 02, 05. Kapitel, Seite 39


"Und dieses alte Landhaus ist mit allen Bequemlichkeiten ausgestattet. Im Keller unten findest du Sauna, planschigen Badespaß in ausschweifender Größe und sogar einen bestens eingerichteten Fitnessraum mit allem drum und dran."

Folgende Nacht träumte Marga bemerkenswert.

Lauer Frühlingstag... sie und Eckart in strahlender Sonne... Glocken läuteten... gemeinsam liefen sie Hand in Hand über wunderschön bunte Blumenwiese... Hand in Hand... unzertrennlich... glücklich... Eckart in elegant weißem Maßanzug... Und sie selbst: Weißes Brautkleid mit langem Schleier nebst allerlieblichstem Brautstrauß! Traumbild voller Wunder und Pracht! Glückselig liefen sie durch frühlingsgrüne Hügel. Hingebungsvoll und nur einander zugewandt. Wie kleine Kinder, die Hochzeit spielen, sprangen sie über Kuppe sanfter Anhöhe. Und da sie nicht aufpassten, was dahinter sein mochte, landeten sie Hand in Hand... unzertrennlich... glücklich... in knietief modriger Pfütze übelriechenden Brackwassers!

Schlammig durchnässt, sehr faulig riechend und mit ziemlich belämmerten Gesichtern rappelten sie wieder heraus. Gluckernd versank lieblich teurer Brautstrauß in dunkelbrauner Brühe. Keine albern kreischenden Brautjungfern würden jemals darum balgen können, ohnehin nur Jungfern genannt, dieweil allesamt längst ihre Jungfernschaft auf zugigen Parkbänken oder unbequemen Autorücksitzen opferten. Wahrscheinlich ein Glück, weil ihnen dann vergleichbare Nüchterung erspart bliebe. Obwohl ihnen und ihren angetrauten Schafsköpfen morastige Pfützentaufe von Herzen gegönnt. Man will ja nicht selbstsüchtig sein, oder? Am glücklichsten sind die Ahnungslosen!

Von Gelächter geschüttelt erwachte Marga neben Eckart, lärmte geträumte Belustigung ins Schlafzimmer. - Beide nackt, sauber und trocken.

Eckart erwachte verwundert. "Was ist denn mit dir los?"

Marga lachte hemmungslos weiter, klatschte flache Hand auf Eckarts nacktes Hinterteil, erstickte ungebremstes Gackern in flaumhaarig schmaler Rinne zwischen strammen Backen. Leidlich wieder beruhigt, tauchte sie daraus auf, kicherte: "Wenn ich dir erzähle, was ich eben noch geträumt habe, dann fällst du ganz bestimmt vom Glauben ab. - Hahahahaha...!"

"Das bin ich spätestens schon seit meiner Ehe mit Nathalie", meinte Eckart trocken. "Und in die Kirche gehe ich nur einmal zu Weihnachten, wegen der tollen Schau und der ganzen umwerfenden Gefühlsduselei. - Also sprich, Weib!"

Marga schilderte Einzelheiten des Traums. Eckart überkam gleichfalls geräuschvolle Heiterkeit, nutzte ihren hinreißenden Bauchnabel zum Ausprusten. Danach saugte er Margas Duft ein, verschenkte denkbar angenehmsten Morgengruß.

Später richtete er in geräumiger Küche des Erdgeschosses hinreichendes Frühstück für zwei. - Schatten huschte über bleichen Schnee! Zuerst erschrak Eckart etwas, weil keine Bewegung außerhalb erwartet, von Futter suchenden Vögeln abgesehen. Der Schatten bog ab, verschwand hinter nächster Hausecke. Wahrscheinlich ein Hund, vermutete Eckart, schaute am Hinterausgang nach draußen.

Weit dehnte flaches Land. Wettergeschwärzter Lattenzaun brachliegenden Kräutergartens grenzte zum freien Feld. Pulveriger Schnee deckte. Fester Griff frühen Winters. Kurz blinzelte fahle Sonne aus graubleichen Wolken, schickte rückwärtiger Hauswand schwache Strahlen, wärmte nichts. Filigran vergitterte Fenster im abweisend ragenden Mauerwerk. Doch schien die Hausrückseite seltsamerweise weniger vom ständigen Wind erfasst, als hofartig vorderer Bereich, worin bereits Schneewehen türmten.

Kein Hund irgendwo. Doch Eckart glaubte sicher, er müsse in der Nähe sein. Leises Tappen und Knirschen im Schnee. Schwarzfelliger Geselle lugte um Mauerecke, keineswegs zutraulich. Schnüffelnd Schritt um Schritt näher. Zögerliche Haltung und Blick. Ob Schläge, Tritte oder Steinwürfe ihn anderswo vertrieben? Trotz ungewohnter Kälte hockte Eckart hin. Wirklich großer Rüde. Eindrucksvolles Tier. Jetzt jedoch weniger, eher hungrig und durchgefroren. Allerdings flackerte keine Angst im Blick des Hauswolfs. Dessen Verhalten entsprang anscheinend anderem Beweggrund.

"Na, alter Junge? Der Hunger nagt, was?" Langsam stand Eckart auf, wollte den schwarzen Hund nicht erschrecken.

Er ging in die Küche, fand im Kühlschrank Fleisch, legte es grob zerschnitten auf einen alten Teller und kam wieder heraus. Der schwarze Hund starrte ihn unverwandt an. Den Teller stellte Eckart zwei Meter vom Hinterausgang ab, wartete im Türrahmen. Vom blutigen Geruch verlockt tappte das ausgehungerte Tier hin. Gierig wurde ein Fleischstück nach dem anderen verschlungen. Anschließend leckte rote Zunge letzten Triefsaft.

"Warte, alter Junge, ich bring dir noch einen Nachschlag." Eckart kraulte struppiges Nackenfell, nahm den Teller. Im Kühlschrank lagerte noch Hackfleisch. Er packte es auf und ging wieder hinaus. - Kein Hund! - Stattdessen hockte großer, tiefschwarzer Rabe an gleicher Stelle im Schnee, blickte mit einem Auge herüber. Selten geahnte Klugheit dieser Vögel sprach daraus. Plötzlich: "Krah! Krah! Krah! Krah!"

Eckart erschrak nicht wenig, glaubte an gekrächzte Worte: "Was machst du hier?" Doch dann fiel ihm ein, bei entsprechend gelöster Zunge können alle Rabenvögel sprechen. Oft sind diese schlauen Vögel von Natur aus dazu fähig. Außerdem konnte es Täuschung gewesen sein.

Ohne Angst hüpfte der große Rabe näher, angelockt vom rohen Fleisch, jetzt ohnehin nicht mehr für menschlichen Genuss geeignet. Eckart stellte den Teller zu seinen Füßen in Schnee. Sofort fraß zutraulicher Schwarzfiederling gierig, ließ aus purem Hunger alle Vorsicht fahren.


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