Immerhin wundersamen Kreisel zufällig wiederentdeckt, beruhigte Eckart inneren Aufruhr. Bohrende Bedenken kurzerhand verscheucht, welche derzeit sowieso ohne Lösung blieben. Wenigstens ergründen, was im ersten Brief von Unbekannt steht. Schlaf fände er jetzt ohnehin kaum, derart aufgekratzt.
Bedacht im Garderobenschrank nachgesehen, wo gemeinhin sein Überzeug hing. Manchmal trug er ständig dieselbe Jacke oder denselben Mantel. Erst wenn Annemarie Treusch behutsam aufmerksam machte, sortierte er aus, brachte Sachen zur Reinigung, auch wenn gar nicht notwendig. Dumme Angewohnheit! Nach einigem Suchen fand er den schon etwas mitgenommenen Umschlag in einer Jackeninnentasche. Er glättete das Schriftstück, Lehrbrief genannt, wie schon beim ersten Mal verwundert bemerkt, sank im großen Wohnraum in einen Sessel.
Nachdenklich ließ er das Papier in den Schoß sinken. - Von wem könnte das kommen? - Außer bei Nachbar Hagen Wiechert, geriet er niemals mit Esoterik in Berührung, was dieser Brief aber offenbar beinhaltete. Ihm lag nie viel daran. Bisher jedenfalls. Nach jüngsten, vielfältig seltsamen Ereignissen wandelte das. Offenbar nahmen noch andere Leute solches wichtig, wandten es an. Einige Erzählungen könnten also mehr enthalten als bloßes Geschwätz über angeblich aufgetretene oder hervorgerufene Wirkungen, hartnäckig herkömmlichen Verständnismustern entzogen.
Allerdings schränkte auch Hagen Wiechert ausdrücklich ein, nur sehr wenige Umstände, denen sogenannt Übersinnliches zugeschrieben, verdienten letztlich diese Einschätzung. Auch Dr. Hagen Wiechert, hingebungsvoller Esoteriker, misstraute bloßem Augenschein gründlich, erklärte unzweideutig: "Selten wurstelte ich durch einen solchen Dschungel von Aufschneiderei, Unsinn, Quatsch, frechen Lügen und schlichten Übertreibungen oder einfachen Irrtümern, nachdem ich unvoreingenommen anfing, mich mit diesen Dingen zu beschäftigen!" - Und wenn so einer das dermaßen brandmarkt...
Erster Lehrbrief - Die Runen! - Zeichen gewordener Weltgedanke
Was wissen wir über diese geheimnisvollen Zeichen aus uralten Zeiten? - Alles, meinen Voreilige und verweisen auf archäologische Forschungsergebnisse, angebliche Beweise, Runen seien spät dürftige Ableitungen griechischer oder römischer Buchstaben. Allenfalls ungelenke Nachahmungen phönikischer Schrift, wenn eingeräumt, Runen ,dürfen' durchaus älter sein, dasselbe von altgriechischen Zeichen behauptet. Selbst bedauernswerten antiken Griechen gesteht man modischerweise keine eigenen Schöpfungsfähigkeiten zu. Letztere können ja gleichfalls nicht mehr widersprechen.
Es passt einfach nicht ins zeitgeistige Bild, Abendländern schon aus vorgeschichtlichen Urzeiten kulturelle Selbstentwicklung zugestehen. Ex Oriente Lux! ist das viel abgeschabte Schlagwort, weshalb hartnäckig in Gefilden, Sänden und Schlämmen gesucht wird, immer tiefer ins Östliche verlagert. Genügte in früheren Jahren und Jahrhunderten, Fabeln sogenannt ,Heiliger Schrift auf Teufel komm raus' durch Funde und Grabungen belegen, meist nur vermittels reichlicher Einbildungsgabe gelungen, so reicht das schon nicht mehr. Umtriebig trabt man in staubigste Gegenden Asiens, sucht weitere Beweise für hartnäckig verteidigte und jenen Leuten schier lebensnotwendig erscheinende Behauptung, alles kann und darf nur dorther gekommen sein. Überlegungen, möglich stattgefundenen Austauschs, weisen sie nachgerade als Zumutung zurück.
Warum eigentlich? - Niemand bestreitet ernsthaft, Germanen, Griechen, Kelten, Römer und die spät nachgewanderten Slawen haben gemeinsamen Ursprung in eurasischen Räumen. Ihre Verwandtschaft mit Indern, Persern und anderen Völkerschaften ist unleugbar. Bei gemeinsamer Herkunft sind somit Wurzeln ihrer Geistesleistungen vergleichbar. Die hohen indischen Kasten und entsprechenden persischen Schichten kamen nach eigener Überlieferung aus nördlichen Breiten eurasischer Landmasse in heutigen Iran und über den Himalaja nach Indien. Dorther, wo auch die Wiege anderer ,Indogermanen'. Und sie bildeten keineswegs verschwindende Minderheiten, sondern stets gutes Drittel bis Hälfte jeweiliger Bevölkerung. Indogermanische Völkerschaften brachen vor fünf- bis sechstausend oder mehr Jahren nach Westen auf, begründeten das, was wir heute abendländische Kultur nennen. Von niemandem bestritten, außer von geistig schwach bemittelten Schwätzern, entstand daraus aller Welt ersichtlich die führend beispielgebende Lebensweise des gesamten Erdballs.
Daran mag vieles auszusetzen und noch immer verbesserungswürdig sein, aber es ist ganz klar die erfolgreichste Kultur, welche jemals auf geschichtlicher Bühne erschien. Bis heute am höchsten entwickelte! Keine Menschengruppe verstand besser, Vorgefundenes zu übernehmen, umwandeln und nutzbar machen, weiterentwickeln und daraus Ureigenes bilden, welches unverwechselbar nur ihnen zugeordnet werden kann. Findigkeit, geistige Regsamkeit und Gewandtheit machte sie selbst gegen Hunnen- und Mongolenstürme überlebensfähig, forderte ihren Erfindergeist nachgerade heraus und leitete zu ungeahnten Höhen. Man vergesse nicht: Die Superweltmacht USA ist trotz ihrer Vielvolklichkeit ganz klar eine abendländische Kultur! Gleiches gilt für Kanada, Australien und andere Weltgegenden. Einwand, dies sei Ergebnis brutaler Kolonisation und Unterdrückung, ja Ausrottung der Urbevölkerung, bleibt hilfloser Moralappell. Einerseits sicher nicht unverständlich und auch berechtigt, andererseits ändert das nichts an nüchterner Tatsache.
Seltsame Leute gehen mit solchen manchmal recht eigenartig anmutenden moralinsauren Anfechtungen spazieren, vergessen gescheiterte Versuche hunnischer, semitisch-arabischer, mongolischer und türkischer Eroberungen gern. Kein Stück weniger brutal und raubgierig, machtversessen und ausmerzungslüstern! Allein, früher oder später gescheitert. Nachbetrachtet, sehr kläglich. Und herumgetragenes Mitleid mit erfolglosen fremden Eroberern, besonders hinsichtlich Kalifat von Cordoba und türkischer Unterdrückung der Balkanvölker jammerig beklagt, beweist wenig vertrauenswürdiges Messen mit zweierlei Maß. Vor allen Dingen, bei rein moralisch begründeten Sichtweisen ist zweierlei Maß vollkommen verfehlt. - Unmoralisch, durch und durch! - Heuchelei letztendlich, verurteilt man hier und entschuldigt oder beschönt desgleichen unter allerlei wortreicher Vorschützung dort.
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