Kring 02, 10. Kapitel, Seite 77


"Satan?" fragte ICH zweifelnd, glaubte schon seit schier unendlicher Zeit nicht, diese Vorstellung sei vernünftig.

Der Wanderer lachte. "Und wer hat diesen erdacht und ins Leben gerufen? Jedes und alles ist für seine Verursachung unweigerlich verantwortlich, kommt sie doch schließlich aus jeweilig tiefstem Innern seiner Quelle. Außer vollkommenem Sein, gibt es nichts ohne Ursache, ohne Anlass, Träumer. Aber lasse dich nicht von bloßen Bezeichnungen täuschen. Dieser Schemen ist vielgestaltig und unglaublich durchtrieben, taucht sogar als blanke Selbstverleugnung auf. Wer jedoch nüchtern genau überlegt, wird seine Grundzüge stets erkennen: Gedankenseuche! Diese Seuche vernichtet alles andere, duldet nichts anderes. Und glaube auch nicht, der Schatten sei nun weniger gefährlich, weil er schwindet. Ganz im Gegenteil! Dessen Macht ist erdrückend und lauert überall. Was dich ansprang und zu Boden warf, war nur winziger Auswuchs dieser irren Macht. Und es sind sehr wohl echte Wesen, welche dich greifen können. Also hüte dich, Träumer!" Er schwieg.

"Nun ist es soweit", drang zwingende Stimme vorwärts. "Die Zeit ist reif. Du musst hier fort!"

ICH verließ meine Bahn... nicht mehr da... summender Wirbel...

Telefon läutete. Mehrmals. Vergeblich. Niemand hob ab. Schließlich sprang angeschlossener Anrufbeantworter an. Undeutlich leise knarzende Laute aufgesprochener Ansage. Verstummt. Anrufende Stimme tönte durch hochgefahrenen Lautsprecher.

"Hier spricht Oberschwester Hildegard! Lieber Herr Umgelter, es tut mir sehr leid, aber ich muss ihnen die traurige Nachricht übermitteln, dass ihre Verlobte Marga Sutthoff kurzzeitig aufwachte und vor einer Stunde nach Berlin verlegt wurde. Zwar wehrte sie sich mit Händen und Füßen dagegen, fiel sogar vor Wut wieder ins Koma, aber das half ihr auch nicht. Nachdem sie ,Berlin' hörte, schien bei ihr eine negativ psychische Abfolge ausgelöst. Den Privatvertrag mit unserem Hause konnte sie jedenfalls nicht unterschreiben. Sie wurde bei uns als Kassenpatientin eingeliefert, und billige Patienten liefern wir stets mitten in die Zone aus. Zudem hat Frau Sutthoff eine Wohnung in Berlin. Sie verstehen sicher, Herr Umgelter, dass wir auf unseren guten Ruf achten müssen. Sie erlangte nicht mehr das Bewusstsein und lagert jetzt in der ,Scharri-Tee'. Vielleicht ist es ein geringer Trost für sie. Unser herzliches Beileid, Herr Umgelter!"

Mitsamt ungezählt anderen Nachrichten gebündelt über Richtfunk ins Ortsnetz gespeist, verstreute alles im Luftraum, jagte als fächernder Funkstrang in Schwärze erdnahen Weltraums. Jahrmilliarden alte Wege des Mondes nach geringster Weile überschritten. Minuten später kreuzten jene schwachen Wellen die Marsbahn. Absichtslos empfangen, verstärkt, rasend schnell geprüft. Kurz stutzender Verstand nahm oberflächlich Kenntnis, verwarf sofort, wechselte auf andere Ebene. Wellen voller Worte, Sätze, Zeichen und Gedanken reisten lichtschnell, verließen nach Stunden längst heimischen Sonnenbereich samt dessen Welten, ergossen für alle Zeit plaudernd im All.

Nicht ohne Nachspiel! Keineswegs wegen des Inhalts niederschmetternder Mitteilung. Kurz währende Aufmerksamkeit lenkte von anderem ab. Ketten unausweichlicher Ereignisse entstanden, klinkten in Reihen, deren Auswirkung nicht absehbar.

Ende des zweiten Teils



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