Kring 02, 02. Kapitel, Seite 17


"Sie sind also auch in der Flimmer- und Glitzerbranche tätig." Keine Frage, sondern Feststellung Ferdinand Kammbachs, womit er Eckart aus Überlegungen riss, wohlerzogen Verbindung herstellen wollte.

"Ja, seit einigen Jahren bemühen wir uns, ins Filmgeschäft einzusteigen und gleichzeitig nicht gerade anspruchslose Projekte durchzuführen", antwortete Eckart etwas verwirrt, wusste nicht so recht, worüber er mit diesem Mann sprechen sollte. Er kannte ihn nicht, dessen Name ihm jedenfalls nicht geläufig.

"Seien sie mal nicht so bescheiden", schob Kammbach freundlich nach. "Mir ist Eca-Media durchaus ein Begriff. Zwar habe ich selbst noch nicht das Vergnügen gehabt, aber im Zusammenhang mit Projekten, die sie anderweitig ausführten, sind sie nicht nur mir angenehm aufgefallen. Auch der kurze Spielfilm, den Eca-Media unlängst präsentierte, hob sich einnehmend von anderen Erstlingswerken ab. Da habe ich schon Abspulungen besichtigen müssen, die mir trotz höheren Aufwands weit weniger bemerkenswert erschienen."

"Sie sind sehr freundlich. Ich nehme das Lob gerne an, werde es an meinen Partner weiterleiten, der sich darüber bestimmt genauso freut wie ich. Trotzdem, wir sind noch nicht so ganz zufrieden, müssen uns noch gewaltig anstrengen, um nicht bloß bemerkenswert zu bleiben."

"Das höre ich gern. Ich bin sicher, wenn sie kontinuierlich so weitermachen, werden sie das sicherlich auch schaffen. Behalten sie und ihr Partner diesen Ehrgeiz bei", empfahl Ferdinand Kammbach.

"So, meine Herren, jetzt ist es aber genug mit Konversation oder Fachsimpelei", mischte Marga Sutthoff lachende Worte ein, an Kammbach gewandt: "Du wirst uns jetzt sicher entschuldigen, lieber Ferdinand, aber Eckart und ich hatten uns hier verabredet, weil wir einen gemütlichen und ruhigen Abend gemeinsam verbringen wollten." Sie schaute zu Eckart. "Was wird es denn für ein Abend? Ein japanischer oder indischer, vielleicht einer á la Taiwan oder so?" Sie lächelte bezaubernd, legte ihren Kopf leicht schräg.

"Ich habe mir erlaubt, die indische Variante zu wählen und im 'Radscha' zu zwanzig Uhr einen 'Winkel für Zwei' reservieren lassen", erklärte Eckart, betonte unwillkürlich ,Winkel für Zwei'. "Hoffentlich findet das Gnade."

"Da bin ich mir sicher, mein Lieber", warf Ferdinand Kammbach ein. "Ich habe das 'Radscha' schon öfter aufgesucht. Es ist exzellent! Mehr gibt es dazu nicht zu bemerken. Eine vorzügliche Wahl! Dann werde ich euch jetzt nicht mehr aufhalten können, wie?"

"Nein, lieber Ferdinand", sagte Marga. "Ich bin auch recht froh, dem Trubel hier zu entkommen, mich genüsslich in eine bequeme Ecke setzen, einen lieben Menschen dabeihaben und den restlichen Abend genießen. - Einfach abschalten."

"Das kann ich verstehen, liebe Freundin", meinte Ferdinand Kammbach. "Am liebsten würde ich mich euch anschließen, aber ich fürchte, dass ich heute fehl am Platze wäre, stimmt's?" Er grinste wissend.

Sie sagten Auf Wiedersehen. Marga und Eckart bahnten anstrengenden Weg durch wühlende Menge, die selbst mühsam freigehaltenen Hauptzugang mit dichten Körpertrauben belagerte. Nur mit Hilfe kräftiger Wachleute eindringlicher Schaulust entkommen und weitab zum Parkplatz geflohen.

Marga zeigte Begeisterung über Eckarts alte Mercedeslimousine, bewunderte den unverkennbaren, hochragenden Kühlergrill, sank sichtlich behaglich in weiche Polster großzügiger Sitze. Eckart schmeichelte das sehr. Mit einem alten Bekannten, ausgesprochen vernarrt in solche Autos, ließ liebevolle Hingabe an Einzelheiten, ursprünglich unansehnlichen Wagen zum Glanzstück werden. Oldtimer-Fans neideten glühend.

Das ,Radscha' machte seinem Namen durchaus Ehre. - Innen einem Radscha-Palais nachempfunden, gab es, außer gewohnten Sitzgruppen, Arkadenräume mit Diwanen an niedrigen Tischen, kleinen Gesellschaften zugedacht. Besonders geeignet freilich für vertraute Zweisamkeit, entstand mehr als nur Zauber aus tausendundeiner Nacht. Indisch gewandeter Bediensteter führte sie in seitliche Arkade, ihnen für den Abend allein vorbehalten. Alt erlesene Kultur Indiens krönte Speisefolgen, deren Zubereitungen jedes hoch teure französische Restaurant beschämen konnte. Ganz zu schweigen von lateinischen Stätten á la 'Aldos Trattoria', mit ihrem Tomatensoßenfleckencharme, Oreganomuff, Grappageruch und Cappuccinomief, garniert mit klimpernden Mandolinen, saurem Sekt oder Wein, dringlichem Stimmaufwand von Tenören oder ähnlichen Schreihälsen und Verlautlichungen kitschiger Pseudoromantik schmalztriefender Sangesleut.

Nein, solchen Schmonz verbrach hier niemand. Man redete nicht viel von Kultur, man lebte sie! - Inmitten des unterteilten Saals entlockte sarigekleidete Sitarkünstlerin ihrem schwierigen Tongerät gekonnt verhaltene Klänge. Marga und Eckart ließen Seelen baumeln, verwöhnt vom zwölfgängigen Menü. Keineswegs teure Verschwendung, wusste Eckart. Besuche in über grünen Klee gelobten Fresstempeln der 'Nouvelle Cuisine' gerieten leichterhand dreimal kostspieliger. Dabei weder derart entspannend, noch überragender in Küchenkunst.

Sie erzählten einander Erlebnisse des ausklingenden Tages. Eckart erwähnte den Ärger mit der Künstleragentur, deren altbackene Begriffsstutzigkeit. Schließlich stelle Theater- und Bühnenerfahrung noch lange keine Befähigung zur Filmschauspielerei dar.

"Das kenne ich auch", lachte Marga. "Wie oft habe ich mich als Regisseurin schon mit solchen Leuten herumschlagen müssen, die offensichtlich nicht einsehen möchten, dass sie nicht über irgendwelche Bühnenbretter schlappen, sondern sich anders bewegen sollen. Die wollen kaum je verstehen, dass beispielsweise Erregung im Film hauptsächlich durch Gesichts- und Körperausdruck dargestellt werden muss, nicht durch Hin- und Herrennen oder wildes Rumfuchteln, gar gepaart mit lautem Geschrei. Sie können sich nicht vorstellen, wie unsagbar lächerlich das übertriebene Theatergetue im Filmbild wirkt. Außerdem macht das im wirklichen Leben sowieso kaum jemand. Allenfalls Theaterschauspieler, die sich einbilden, das müsse so sein, das habe man doch schließlich so gelernt."


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