Kring 02, 09. Kapitel, Seite 62


Zwischenzeitlich allgemein bekannt, dortige Vertreter starken Geschlechts besitzen an entscheidenden Stellen meist weniger, füllen derartige Beulung ausnehmend unvollkommen. Sind ja auch großenteils viel kleiner als Europide. Zudem hinderlich beim Klettern. Die kannten noch nicht einmal richtigen Kaffee, machten runde Augen, tranken zeitlebens bestenfalls tibetischen Buttertee. - Grauenhaftes Zeug! Schon mal dran gerochen? Nein? Stinkt bestialisch!

Deutsch konnten sie auch nicht. Nur geringe Brocken abscheuliches Englisch. Sehr verfehlte Bildung. Begriffen aber schnell: Wer zahlt, bestimmt die Musik! Immerhin gelangen ihnen Kunststücke wie: "Gutt Moggn!" (sollte ,Guten Morgen' heißen) oder: "Wolln si mitt mi schlaffn!" (Wollen sie mit mir schlafen?). - Igitt! - Glasperlen nahmen sie allerdings nicht mehr als Bezahlung. Verdorbene Wilde!

Indes erbrachten putzige Hüte einheimischer Frauen besten Ersatz mählich mangelnder Melittatüten. Insofern nahmen sie segensreiche Erfindung folkloristisch vorweg. Man schien erstaunlicher Weise nicht ganz von Gestern. Selbstredend vorher gründlich mit gutem deutschem ,Persil' stundenlang ausgekocht, enthaart, entfettet und entlaust. - Die Hüte, nicht die Frauen, wenngleich beides geraten schien. - Das beste ,Persil', dass es je gab! Immerhin zogen Deutsche damit bereits in zwei höchst umtriebige Weltkriege.

Ob deshalb jedes mal solche Pleiten? - Aber mit ,Omo' oder ,Weißer Riese' im Verbund wären Verdun oder Stalingrad sicherlich nur wenig wassersparender rübergekommen. Vor allen Dingen ohne Waschmaschinen und Schonschleudergang für Kunstfaser.

Wie also Melittatüten, ,Arabica-Premium'-Bohnenkaffee und knallrotes, zusammenfaltbares Filterbehältnis in zugigen Felswänden handhaben? - Ihre Abenteuerurlaubsgruppe nahm Gelegenheit beim Schopfe, erteilte bereitwillig Entwicklungshilfe in Gebrauch weltberühmter deutscher Wertarbeit, bahnbrechend germanischem Erfindungsreichtum: Kaffeefilter am Nanga Parbat!

Während das Gerät angestrengt keuchte und gluckerte, jagten wildeste Vorstellungen durch seinen Kopf. Unruhe stieg schier unerträglich. Endlich endete aufgeregtes Gewese aus plastikumbauter Innerei. Kaffee durchgelaufen! Bewaffnet mit Kanne, Pötten, Milch und Zucker auf Tablett trabte er zurück, stellte alles auf den Sofatisch, goss ein. "Was ist mit Marga Sutthoff?"

"Kennen sie das hier?" Der geringer graue ,Spion' hielt etwas vor Eckarts Nase, schaute ihm scharf ins Gesicht.

Trübes Tageslicht spiegelte. Eckart erkannte erst nichts, außer hellem Viereck unter dicker Einschweißfolie. Er winkelte den Kopf leicht ab, staunte anschließend reichlich. Briefumschlag mit seinem Namen drauf, gerichtet an Margas Landhausanschrift! "Nur meinen Namen kenne ich. Den Brief selbst wahrscheinlich nicht. Wie lautet der Absender und wo haben sie das her?"

"Kein Absender. Man fand das bei Frau Sutthoff. Sie waren dort zu Besuch?" Vorgewiesenes Stück verschwand in amtlicher Manteltasche.

"Ja, über etliche Tage hinweg, bis gestern Mittag. Was ist mit Marga, wie geht es ihr?"

"Marga Sutthoff liegt bewusstlos auf der Intensivstation."

"Was? Wieso?" Eckart ruckte kreidebleich im Gesicht hoch. - Seine große Liebe! - "Steht es schlimm?"

"Die Ärzte glaubten erst an Kreislaufzusammenbruch, jetzt aber an lebensgefährliche Vergiftung."

"Vergiftung?"

"Ja, und zwar eine ziemlich heimtückische. Sie haben diesen Brief nicht gelesen?"

"Nicht, dass ich wüsste. Wieso, steht da was drüber drin?"

"Kann man so sagen, Herr Umgelter. Es ist Gift!"

"Glaube nicht, dass man durch Briefe lesen vergiftet werden kann. Es sei denn, da drin steht geisttötender Schwachsinn. Aber das wirkt gewöhnlich nicht lebensbedrohend." Zugleich ahnte er, dass anderes stattfand, fühlte innerliches Wühlen und Brennen.

"Geschriebenes normalerweise nicht, aber womit und worauf geschrieben oder versehen."

Eckart überlief es eiskalt, Warnglocken schrillten hässlich grell. Seine Befürchtung traf in vollem Umfang zu. - Marga wurde tatsächlich Opfer eines geheimnisvollen ,riechenden' Briefs. Unbesehen geöffnet, weil zwischen ihrer sonstigen Post nicht auffiel, dass er eigentlich für mich... Tödliches Ding! Der erste ,Stinkbrief' in meinem Büro dann womöglich auch. Jemand wollte in Wahrheit MICH vergiften! - Weiterhin hoffte er auf anderes, fragte stockend: "Soll... das bedeuten... dass dies gewissermaßen eine Briefbombe ist?"

"Allerdings! Sie haben ihre Post zu Frau Sutthoffs Adresse umgeleitet?"

"Ja... nein..."

"Ja oder nein? Was denn nun?"

"Bloß die Geschäftspost aus dem Büro. Und davon auch nur, was wirklich wichtig sein sollte oder rein privat."

"Und wie erfolgte das?"

"Unsere Sekretärin Frau Treusch packte alles in großen Umschlag und schickte diesen dorthin."

"Also nichts einzeln weitergeleitet, oder?"

"Frau Treusch würde solche überflüssige Maßnahme nicht treffen."

"Sie konnten also stets erkennen, wenn etwas an sie gerichtet mit der Post ankam?" Seltsam beiläufig gestellte Frage.

"Natürlich! Wir brauchten nur auf einen größeren Umschlag mit Absender ,Eca-Media' achten."

"Frau Sutthoff hatte also keinen Grund anzunehmen, zwischen übriger Post könne etwas sein, das nicht an sie selbst gerichtet?" Mehr Feststellung denn Frage.

"Nein. Weshalb auch? Ich vermutete ja auch nichts in dieser Art."

"Ah ja! In welchem Verhältnis stehen sie zu Marga Sutthoff?"

"In sehr engem. Wir sind ein Paar."


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