Kring 02, 04. Kapitel, Seite 35


Das galt für alle gesellschaftlichen Übereinkommen, ganz besonders bei den germanischen Völkern. Gegebene Versprechen hatten lebenslange Gültigkeit, waren beeidet. Die christliche Kirche übernahm das nur und eignete sich das Recht an, über Trennungsmöglichkeiten zu entscheiden, weil sie dann abermals kassieren konnte. Ehescheidung war schon immer möglich. Die Standesehe war ohnehin nur freien Ständen zugänglich. Hörige benötigten die Einwilligung ihres Herrn. Sklaven hatten gar kein Recht zur Ehe. Allerdings gab es aber auch im Abendland Vielehen. Diese waren jedoch nur Fürsten und Fürstinnen aus politischen Gründen erlaubt.

Der Suebenkönig Ariovist - Hartfest auf deutsch - hatte fünf Ehefrauen, wie Cäsar neidvoll berichtete. Noch bis zur Zeit des ersten Weltkrieges gab es auch in Deutschland für bestimmte Kreise die Möglichkeit, zur linken Hand verheiratet sein; fast nur für Herren machbar. Die Frau zur rechten Hand war die bevorrechtigte mitsamt ihren Kindern, hatte dynastische Funktionen, wurde selten geliebt. Die Frau zur linken Hand war fürs Herz gedacht, jedoch wesentlich minderen Rechts, wie auch deren Kinder."

"Also wirklich! Jetzt ist es aber genug Herr Doktor!" schimpfte Eleonore Pfeifer sanft. "Wir sind hier zusammengekommen, um uns einen netten und gemütlichen Abend zu machen. Halte uns bitte keine historischen Vorträge! Dass du darin durchaus kompetent bist, bezweifelt hier bestimmt niemand."

Folgende Stunden wurden doch noch sehr nett und unterhaltsam. Elke Dellbrück schien an Eckart etwas aufgefallen. Sie kannten einander schon lange. Kein Wunder, wenn sie Veränderung bemerkte.

Zufällig mit ihm allein in der Küche, sprach sie darauf an. "Ich glaube, die Sache mit Nathalie geht dir sehr viel mehr an die Nieren, als du eingestehen möchtest. Ich meine..."

"DIE werde ich wohl kaum vermissen", verwahrte Eckart kurz und ungewollt schroff.

"Wirklich? Ich würde eine alte Freundin durchaus vermissen. Und ich weiß, dass du deine Kinder sehr wohl vermisst", zweifelte Elke Dellbrück.

Eine sehr liebe Person, ständig in Sorgen um andere, kämpfte vergeblich gegen eigene Fettpölsterchen, fing eine alberne Diät nach der nächsten an. Selbstverständlich immer die ultimative, womit es endlich klappen werde. Ebenso selbstverständlich als heiße Luft erwiesen. Dabei gar nicht wirklich dick. Nur an einigen unkommoden Stellen etwas zu viel drauf. Ihr echt hübsches Gesicht machte mit dunkelblauen Augen alles um Längen wett. Mehr Sport, dann vergingen ihre vermeintlichen Figurprobleme sicher. Aber vielleicht brauchte sie ,ihr Problem' zwecks harmlosen Zeitvertreibs.

"Nun ja, lieber Eckart," fuhr Elke Dellbrück fort, "wenn ich so die Gesamtumstände betrachte, dann müsstest du an sich überglücklich sein. Du hast künftig wohl ein gutes Einkommen, das dir ein weitgehend sorgenfreies Leben gestattet, und dann auch noch diese wunderbare Marga Sutthoff. Eine großartige Person und Glücksfall."

"Das will ich doch meinen!" bestätigte Eckart, verwunderte, wie schnell Kunde bislang noch recht kurzer Verbindung mit Marga Runden machte. Erstaunlich! Aber Elke Dellbrück wusste es bestimmt von Carl. Er erzählte kurz, er habe vorgestern überall Besuche abgestattet. Carl kannte die Nachbarschaft hier sehr gut, hielt fast freundschaftliche Verbindungen. Unter anderem auch zu Hagen Wiechert.

"Aber trotzdem scheint dich etwas zu bedrücken", ließ Elke Dellbrück nicht locker. "Ich meine, es ist diese unschöne Art, wie die Ehe zwischen dir und Nathalie zu Ende ging."

"Ich will nicht leugnen, dass mich das sehr belastet hat, meine liebe Elke. Aber ich habe es weggesteckt. Tatsachen muss man Rechnung tragen", sagte Eckart entschieden.

Elke küsste ihn freundschaftlich zärtlich auf die Wange und lächelte. "Ich verstehe dich. Aber deine Wortwahl 'wegstecken' zeigt, dass es dich immer noch beschäftigt. Und das spricht eigentlich nur für dich. Ich wünsche dir von ganzem Herzen, dass du mit deiner neuen Liebe glücklich sein wirst."

"Danke für deine lieben Wünsche! Glücklicherweise sehe ich keine Gründe, warum das nicht möglich sein wird. Darüber bin ich auch sehr froh!" betonte Eckart.

Später redete er mit Hagen Wiecherts langjähriger Partnerin Eleonore Pfeifer. Gleichfalls in esoterischen Ententeichen paddelnd und beruflich im Verlagsgeschäft, schriftstellerte sie selbst hin und wieder, schrieb einige Drehbücher für kurze populärwissenschaftliche Filme. Sie ging in letzter Zeit gedanklich mit vergleichbarem Drehbuch über europäische Religionsgeschichte schwanger. Eleonore wähnte eine Lücke in Aufarbeitung altgermanischer Mystik, bezogen auf den Gott Odin/Wotan, sowie die Göttin Freya, fälschlicherweise häufig als Wotans Gemahlin gesehen. In Wirklichkeit stelle Freya dessen weibliches Gegenstück dar. Noch nie näher behandelt! Offenbar sähe sie gern, Eckart lege entsprechendes Wort ein. Er verwies an Carl Bramberg, weil selbst hauptsächlich mit Kaufmännischem betraut, versprach jedoch Unterstützung. Übrigen Anwesenden wieder zugewandt, stellte Eleonore kopfschüttelnd fest, Herzensfreund Hagen konnte Vorträge halten einfach nicht lassen.

"Jede Handlungsweise wird vom Unterbewusstsein - der Seele - mitbestimmt, wenn nicht dahingehend gar eine vollständige Vorbestimmung vorliegt", unterwies Hagen Wiechert gerade lächelnd, meinte dies völlig ernst, entsprechend Berufserfahrung.

"Ich finde, es wird allgemein viel zu viel einfach aufs Unterbewusstsein abgeschoben, wo ganz nüchterne oder einsichtige Gründe oder gar sehr klare Verantwortlichkeiten der handelnden Person vorliegen. Das ist mir häufig ein wenig zu einfach gestrickt. Sehr oft billige Entschuldigung für sonst unannehmbares Verhalten", warf Eberhardt Kanngießer dazwischen. Von Beruf Industriekaufmann, sah er das Leben aus Warte Tatmensch und Nützlichkeitserwägung. Eckart fand ihn stets sehr angenehm. Nun noch mehr. Eberhardt Kanngießer sprach ihm geradezu aus der Seele.


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