Gemeinsam mit seinem alten Freund Carl baute er eine kleine Filmproduktion auf. "Eca-Media!" ,Eca' aus den Anfangsbuchstaben ihrer Vornamen 'Ec-kart' und Ca-rl gefügt. Sie erlebten mehr Schwierigkeiten als günstig angenommen. Manche Tage arbeiteten sie sprichwörtlich rund um die Uhr, wollten sie wenigstens einigermaßen zurande kommen. Verdammt hartes Geschäft! Zum Fuß fassen genügten gute Ideen und Kreativität eben nicht. Ziemlich zweitrangig, wie aufmerksamer Blick auf Fernsehschirme und Kinoauslagen rasch beweist. Nein, nur langer Atem und Beharrlichkeit vonnöten. Eckart und Carl gewannen schließlich in einigen Randgebieten guten Namen.
Dass er dadurch aufs Höchste beansprucht, machte auf Nathalie keinen sonderlichen Eindruck. Und als sie ihm zum wer-weiß-wievielten Male vorhielt, ihn kümmern Haushalt und Kinder zu wenig, rastete es in seinen Gedanken förmlich aus.
"Nathalie, du hast drei Monate Zeit, dir eine eigene Wohnung zu suchen! Solltest du bis dahin nicht draußen sein, werfe ich dich achtkantig raus! Haben wir uns verstanden?" Nie wieder sprach er auch nur ein einziges Wort mit ihr, reichte noch am nächsten Morgen Scheidungsklage ein.
Zugegeben, ausgesprochen dumme Lage für Nathalie. Aber selbst verschuldet, dumme Gans! Sie bestand nämlich auf Ehevertrag, vereinbarte Gütertrennung, wonach sie einander lediglich im Krankheitsfalle unterhaltspflichtig wären. Und grundsätzlich nur bei Bestand der Ehe. Nach Scheidung konnte keine Seite Ansprüche stellen. Zurückblickend vermochte er das nur noch als dreiste Zumutung einordnen. Offensichtlich hegte sie damals hohe Hoffnung, mit ihrem Studienabschluss übliche Faulenzerstelle bei irgendeinem nutzlosen Amt ergattern. Anscheinend gibt es wohl doch nicht genügend nutzlose Ämter. Ihre Seifenblasenblütenträume platzten. Haus und Einrichtung gehörten Eckart, geerbt und mit viel Mühe auf Vordermann gebracht. Aus Kindererziehungszeiten konnte Nathalie nur wenig Zuteilung herleiten, setzte daher ihre Forderung auf beide Kinder blindwütig durch. Gemessen an giftiger Eigenschaft naheliegender Schluss: ,Nathalie' sei ein Sprachfehler und laute eigentlich ,Natter-lie'!
Aber sie ging letztlich leer aus. Eckart brauchte nur für die Kinder mit aufkommen. Seltsamer Weise fühlte er im Nachhinein wenig Bedauern, schlugen Töchterchen und Söhnchen eher in Nathalies Art. Quengelige, stets unzufriedene kleine Biester! Manchmal beschlich herber Verdacht, sie seien ihm untergeschoben, gar nicht eigenleiblicher Nachwuchs. - Wechselbälger! Kuckuckseier!
Doch das verwarf er missmutig wieder. Offenbar brachen bei denen nur übermächtig schlechte mütterliche Erbanlagen mörderische Schneisen in gesunden Wald. Mit seinem Scheidungsanwalt bewies Eckart allerdings glückliches Händchen. Ein echt beschlagener Windhund, mit allen Wassern gewaschen. Von ihm lernte er, wie man sich bettelarm rechnet und keinerlei Unterhalt zahlen muss. Nathalie zog mitsamt krakeligem Anhang wieder zu ihren recht wohlhabenden Eltern, musste aber trotzdem in einer Wurstkonservenfabrik Schicht arbeiten gehen. Auch oder gerade betuchte Erzeuger sehen geringen Anlass, nutzlos studierter Tochter und zweier Enkel Lebensunterhalt allein bestreiten.
Seit gut einem Jahr lebte er nun in Ruhe allein und glücklich geschieden, wie aus bösem Alptraum endlich erwacht. Bleich ernüchtert eingestanden, wie schnell reine Liebesehen oft scheitern, wenn erst einmal grauer Alltag einkehrt oder ernste Belastungen auftauchen. Bei Ehen mit zumindest einem gemeinsam sachlichen Hintergrund geschieht dies wesentlich seltener. Fast nie, wenn beide Partner einander achten. Das mag traurig stimmen, ist aber harsche Wirklichkeit. Das wahre Leben ist keine Seifenoper, wo am Ende eitel Wohlgefallen türmt und die angeblich 'Bösen' bestraft werden. Dennoch blieb stets abweichendes Empfinden, er stehe neben allem, sei Zuschauer eigenen Lebensverlaufs. Irgendwie scheinbar beziehungslos in sämtliche Geschehnisse verstrickt, nicht selbst erleben, sondern in anderer Welt Handelnden zusehen. - Befremdlich!
Eckart stürzte absichtlich voll in die Arbeit. Halbes Jahr später gelang ihnen überraschender Wurf mit wissenschaftlichen Populärfilmen. Eine dieser Produktionen kaufte eine der größten deutschen Fernsehanstalten, erbrachte dementsprechend Folgeaufträge. Mit einem Schlag drängendste Sorgen los, in schwarze Zahlen gelangt und ganz netten Gewinn erwirtschaftet. Eca-Media galt plötzlich wenigstens im Kleinen etwas. Allerdings fehlten zugkräftige Namen. Entsprechende Regisseure und nicht mindere Drehbuchautoren vonnöten, deren Namen Fernseh- und Rundfunksender wenigstens aufmerksam machten.
Nur, wer käme dafür in Frage? Und womit locken? Hohe Gagen und Honorare konnten sie nicht zahlen. Was also könnte passende Leute bewegen, für sie tätig werden, welcher Grund? - Letztlich blieben nur Harald Frankenthaler und Marga Sutthoff als mögliche Ansprechpartner. Sie vereinten jeweils zweierlei: Bemerkenswerte Regieleistung und hervorragendes Drehbuchschreiben!
Eckart Umgelter und Carl Bramberg trafen beide während eines Filmfestivals. Auch ein Film ihres kleinen Hauses wurde gezeigt. Harald Frankenthaler entpuppte als ausgesprochenes Ekel, ließ obendrein sehr unverblümt durchblicken, wolle man mit ihm auch bloß unverbindlich in näheres Gemenge, verlange dies zuvor gewisse bettgeschichtliche Opfer. Ob Carl Bramberg oder Eckart Umgelter oder beide zugleich, schien ihm völlig eins. Nachdem einsichtig, sie sprängen darauf nicht an, hängte er großspurig den umschwärmten Künstler heraus.
Eckart und Carl verabscheuten ihn. Weniger sein Ansinnen. Derlei Gefälligkeiten sind in Film- und Showbranche üblich, schmieden zusammen und gelten nicht entfernt anstößig. Vielmehr ärgerte dessen anmaßende Art, wie er es vorbrachte. Der Ton macht die Musik! Harald Frankenthaler erzeugte Misstöne.
"Mit dem möchte ich nicht mal was zu tun haben, wenn wir zum Sozialamt müssten!" grollte Eckart, kurz mit Carl allein.t